Erneut hat die türkische Regierung Beamte ihrer Posten enthoben. Die
Ermittlungen gegen Regierungschef Erdogan gehen weiter – der will jetzt
die Richter verklagen. Aus Brüssel kommt scharfe Kritik.
Von Boris Kálnoky und Christoph B. Schiltz.
Von Boris Kálnoky und Christoph B. Schiltz.
Die türkische Regierung hat
erneut 350 Polizeioffiziere allein in Ankara strafversetzt, offenbar
weil sie als politisch unzuverlässig eingestuft wurden. Seit Beginn
einer umfassenden Säuberungswelle Mitte Dezember mussten mehr als 600 Polizeioffiziere ihren Posten räumen.
Es sind Beamte,
die an Korruptionsermittlungen gegen führende Politiker beteiligt waren.
Es geht um illegale Goldgeschäfte der staatlichen Halkbank mit dem
Iran. Die Ermittlungen haben zu einer schweren Regierungskrise geführt,
die die Macht von Regierungschef Recep Tayyip Erdogan zu erschüttern
droht.
Nach einer
Razzia Mitte Dezember wurden weitere Verhaftungen von der politischen
Führung blockiert – durch eine "Säuberung" der Polizeiführung und
Abberufung der Staatsanwälte.
Ist die Türkei reif für den EU-Beitritt?
In Brüssel herrscht Entsetzen über Erdogans Vorgehen. Elmar Brok,
Chef des Auswärtigen Ausschusses des EU-Parlaments, sagte der "Welt":
"Dass die Regierung Erdogan Polizisten und Untersuchungsbeamte, die im
Fall von Regierungskriminalität ermitteln, aus dem Amt kippt, zeugt
nicht von Unabhängigkeit der Justiz."
Die Türkei sei
nicht reif für einen Beitritt, und "ich fürchte, sie wird es niemals
sein und auch niemals wollen". Die EU und die Türkei sollten sich
endlich gegenseitig die Wahrheit sagen, anstatt sich noch länger etwas
vorzumachen.
Alexander Graf Lambsdorff,
außenpolitischer Sprecher der FDP im EU-Parlament und langjähriger
Türkei-Berichterstatter seiner liberalen Fraktion, erklärte: "Die Türkei
entfernt sich immer weiter von Europa. Die grundsätzliche politische
Orientierung des Landes steht infrage." Erdogan scheine sich die
arabische Welt zum Vorbild zu nehmen, "wo man sich um demokratische
Grundprinzipien nicht kümmert".
Oberster Richterrat will gegen alle Seiten ermitteln
Trotz der
politischen Säuberungswelle wurden am Dienstag weitere 25 Personen
festgenommen. Ihnen wird unter anderem Machtmissbrauch bei der Vergabe
von Staatsaufträgen vorgeworfen.
Zugleich tat
sich eine weitere komplexe Front auf. Der Oberste Rat der Richter und
Staatsanwälte kündigte Ermittlungen gegen alle Seiten an – gegen die in
der Korruptionssache ermittelnden Staatsanwälte, denen die Weitergabe
von Informationen an die Medien zur Last gelegt wird, aber auch gegen
die neu eingesetzte Polizeiführung, die die Anweisung der
Staatsanwaltschaft missachtet hatte, weitere Verdächtige festzunehmen.
Und Ministerpräsident Erdogan
hat bereits verkündet, wiederum gegen den Richterrat Klage
einzureichen, weil dieser die Verfügung der Regierung für
verfassungswidrig erklärt hatte, Vorgesetzte über Ermittlungen
informieren zu müssen.
http://www.welt.de/politik/ausland/article123644792/Die-Tuerkei-wird-nie-fuer-den-Beitritt-bereit-sein.html
7/1/14
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Mehr zum Thema:
EU says events in Turkey 'cause of concern'....
ReplyDeleteThe EU executive on Wednesday expressed concern about developments in Turkey where the government is embroiled in a massive graft scandal that has triggered a purge of the police.
Asked to respond to events in Turkey, a spokesman for the European Commission said "recent developments" in the country were "a cause of concern."
"We urge Turkey, as a candidate country committed to the political criteria of accession, including the application of the rule of law, to take all the necessary measures to ensure that allegations of wrongdoing are addressed without discrimination or preference in a transparent and impartial manner," said a Commission statement.
"Any action which undermines the effectiveness of investigations into these allegations should be avoided."
Twenty-four people have been arrested as part of a massive corruption investigation that emerged in Turkey last month, including the sons of former Interior Minister Muammer Güler and former Economy Minister Zafer Çağlayan.
Turkish Prime Minister Recep Tayyip Erdoğan has cast the corruption investigations as an attempted “judicial coup” by forces seeking to undermine his government, and hundreds of police officers have been removed from their posts.
The fighting via probes and dismissals highlights the deepening conflict between the ruling AKP and the Gülen movement, the followers of which are said to hold key positions inside the secret services, the police and the judiciary, and who are believed to be behind the investigation.
"The recent steps (removing, reassigning or firing police officers and investigators) are a matter of concern," the EU text said. "These steps could undermine the current investigations and capacity of the judiciary and the police to investigate matters in an independent manner."
http://www.hurriyetdailynews.com/eu-says-events-in-turkey-cause-of-concern.aspx?pageID=238&nID=60732&NewsCatID=351
8/1/14